Archäologie unter Wasser

Unterwasserarchäologie - eine kulturelle Verpflichtung

Die Unterwasserarchäologie hat in den letzten vier Jahrzehnten einen beachtlichen Aufschwung erlebt. Die Erhaltungsbedingungen sind unter Wasser besser als an Land, weshalb wir hier zahlreiche Funde und Befunde aus organischem Material wie Holz antreffen, die von Landgrabungen so gut wie unbekannt sind. Schiffe mit ihrer Fracht sind geschlossene Fundkomplexe von hoher wissenschaftlicher Relevanz; Häfen sind primäre Quellen für die Handels-, Verkehrs- und Technikgeschichte. Durch Sedimentation oder tektonische Absenkung versunkene Siedlungen informieren uns über die Lebensweise vorgeschichtlicher und antiker Kulturen. Zugleich werden diese Befunde zunehmend bedroht: durch den Ausbau von Häfen und Wasserstraßen, Trockenlegung, Fischtrawler mit Grundschleppnetzen, Tourismus und Freizeitsport mit Yachthäfen und ähnlichen Einrichtungen und die Errichtung von Windparks oder Gasterminals vor den Küsten. Zivilisationsschäden wie die Zerstörung von Schilfgürteln an Seeufern führen zu Erosion und Verlust wichtiger Befunde. Auch manch ein Sporttaucher lässt sich in Unkenntnis der rechtlichen Regelungen vom Reiz alter Dinge dazu verführen, vom Seegrund Gegenstände mit nach Hause zu nehmen, wobei er wissenschaftlich Wichtiges aus dem Zusammenhang reißt. Den größten Schaden richten freilich immer mehr um sich greifende planmäßige Raubgrabungen und Plünderungen an.

Die Bewahrung und wissenschaftliche Auswertung des unter Wasser ruhenden archäologischen Kulturerbes ist eine Aufgabe aller Kulturnationen. In vielen europäischen Ländern gibt es erhebliche Anstrengungen auf diesem Gebiet und sind Institutionen verschiedener Art für die Unterwasserarchäologie und den Denkmalschutz unter Wasser geschaffen worden. Ein wichtiger Schritt war 2001 die Verabschiedung der UNESCO-Konvention zum Schutz des kulturellen Erbes unter Wasser. Sie ist bisher von 78 Staaten (Stand: 3. Oktober 2024) ratifiziert worden, leider immer noch nicht von Deutschland.


Die Lage der Unterwasserarchäologie in Deutschland


In Deutschland wurde die Unterwasserarchäologie durch spektakuläre Funde wie die Bremer Hansekogge und die römischen Schiffe von Mainz bekannt. Sie waren der Anlass zur Errichtung des Deutschen Schifffahrtsmuseums in Bremerhaven (1975) und des Museums für Antike Schifffahrt in Mainz (1994). Bereits seit 1922 besteht das Pfahlbaumuseum Unteruhldingen. Alle diese Museen sind zugleich Forschungsinstitutionen. Daneben gibt es zahlreiche Unternehmungen, die weniger Aufsehen erregen, die aber alle der Erforschung und Bewahrung des archäologischen Kulturerbes unter Wasser gewidmet sind – in Nord- und Ostsee ebenso wie in den Seen und Flüssen. Beispiele dafür sind etwa die Untersuchungen prähistorischer Seeufersiedlungen und anderer Befunde in den Bayrischen Seen durch die Bayrische Gesellschaft für Unterwasserarchäologie e.V. (BGfU), oder der Arbeitsgruppe für maritime und limnische Archäologie (AMLA) für Forschungen in Ostsee und Nordsee an der Christian-Albrechts-Universität Kiel.

Die meisten Aktionen sind begrenzt und werden von Archäologen und Sporttauchern in ihrer Freizeit und oft auf eigene Kosten durchgeführt.

In Deutschland fehlen dabei bisher Institutionen wie Forschungsinstitute oder Denkmalschutzbehörden für die Unterwasserarchäologie – anders als in vielen europäischen Ländern. Erfolgreiche Beispiele und mögliche Vorbilder für Deutschland wären etwa das französische Denkmalschutz- und Forschungsinstitut Département des recherches archéologiques subaquatiques et sous-marines (DRASSM) in Marseille oder die Soprintendenza del Mare in Palermo, die sich dem Denkmalschutz der Meere um Sizilien widmet. Meeresforschungsinstitute wie das Kieler GEOMAR widmen sich zwar der Geologie und Biologie der Meere, haben aber – andere als etwa das vergleichbare Institute for Marine Science and Technology an der Dokuz-Eylül-Universität in Izmir/Türkei – keine Abteilung für die Archäologie.

In der universitären Lehre war ein erster Aufschlag die DAAD-Gastprofessur "Nautische Archäologie" am Archäologischen Seminar der Philipps-Universität Marburg (2010-2018), die leider nicht fortgeführt werden konnte.

Die archäologischen Landesdenkmalämter gründeten 1993 die Kommission für Unterwasser- und Feuchtbodenarchäologie (KUFA) und tauschen sich dort regelmäßig aus. Dennoch gibt es bisher nur wenige auf Unterwasserarchäologie spezialisierte Mitarbeiter an den Landesämtern. Die aktuelle Lage schildert die Podiumsdiskussion, die 2022 im Rahmen der IPR XXVIII im Hansemuseum Lübeck stattfand.


Ziele und Tätigkeit der Deutschen Gesellschaft zur Förderung der Unterwasserarchäologie e.V.

Die beschriebene Situation der Unterwasserarchäologie in Deutschland und die zunehmende Gefährdung des unter Wasser liegenden kulturellen Erbes hat einige verantwortungsbewusste, historisch interessierte Tauchsportler veranlasst, nach Möglichkeiten der Abhilfe zu suchen. Zusammen mit Wissenschaftlern verschiedener Fachgebiete und Freunden des Altertums gründeten sie am 11. Januar 1991 die Deutsche Gesellschaft zur Förderung der Unterwasserarchäologie e.V. (DEGUWA), die als gemeinnützig anerkannt ist. Ihre wissenschaftliche unterwasserarchäologische Arbeit und Erfahrung hat nicht nur in der deutschen Nord- und Ostsee und Binnengewässern, sondern auch im Mittelmeer nationale und internationale Anerkennung gefunden.

Die DEGUWA hat sich folgende Ziel gesetzt:

- Die DEGUWA informiert Sport- und Freizeittauchern über die Bedeutung und Inhalte archäologischer Forschung und führt sie in Methoden und Techniken der Unterwasserarchäologie ein. Dafür führt die DEGUWA theoretische und praktische Wochenendseminare nach dem Ausbildungssystem der britischen Nautical Archaeology Society (NAS) durch.

Absolventen dieser Kurse haben damit Grundkenntnisse erworben, mit denen sie an wissenschaftlichen Unterwasserforschungen im In- und Ausland mitarbeiten und die Denkmalämter unterstützen können.

- Die DEGUWA führt auch eigene Forschungen durch, in denen Archäologen und durch NAS-Kurse ausgebildete Sporttaucher zusammenarbeiten, wie z.B. 2024 in einer kroatisch-deutschen Zusammenarbeit in Polače/Kroatien.

- Zum Markenkern der DEGUWA gehören die seit über 30 Jahren jährlich an wechselnden Orten veranstalteten internationalen Tagungen "In Poseidons Reich". Sie entwickelten sich von zunächst eher nationalem Fokus rasch zu einer internationalen Institution, auf der sich Fachwissenschaftler und interessierte Laien austauschen, wobei es immer ein reiches Rahmenprogramm mit NAS-Kursen, Tauchexpeditionen und Ausflügen gibt.

- Gleiches gilt für die Fachzeitschrift SKYLLIS, die international zu den wichtigsten Publikationsorganen der maritimen und limnischen Archäologie zählt.

- Darüber hinaus ist die DEGUWA als NGO im Beirat der UNESCO-Konvention von 2001 zum Schutz des kulturellen Erbes unter Wasser als akkreditiertes Mitglied vertreten und setzt sich mit großem Nachdruck für die Ratifizierung durch Deutschland ein.


Was ist weiterhin zu tun?

Die DEGUWA wird nach besten Kräften ihre oben skizzierten Tätigkeiten und Vorhaben fortsetzen und intensivieren. Hierzu ist eine Vergrößerung der Mitgliederzahl und damit der potentiellen und faktischen Mitwirkenden dringend zu wünschen. Eine enorme Arbeitslast verteilt sich zur Zeit auf nur wenige Schultern.
Die Schwerpunkte der Arbeit werden weiterhin mit den Begriffen Aufklärung, Ausbildung, Forschung, Zusammenarbeit und Austausch sowie technische Entwicklung benennbar sein. Auf längere Sicht kann aber eine private Gesellschaft nicht sämtliche nötigen Aufgaben der Unterwasserarchäologie allein bewältigen. Technisch aufwendige, über Jahre gehende Grabungsprojekte lassen sich nicht ausschließlich mit unbezahlten - die meisten Kosten selbst tragenden - Freiwilligen zuverlässig planen und aufrecht erhalten. Hierzu bedarf es vielmehr eines festen Stammes an Mitarbeitern. Deshalb sollte die Schaffung eines Forschungsinstitutes auf Bundesebene ins Auge gefasst werden, das entweder völlig unabhängig oder Teil einer schon bestehenden Einrichtung - etwa des Deutschen Archäologischen Institutes oder der Max-Planck-Gesellschaft - sein könnte. Diesem würde hauptsächlich die Grundlagenforschung und die Arbeit in Gewässern außerhalb Deutschlands zufallen. Darüber hinaus sollten die Bundesländer Abteilungen für Unterwasserarchäologie bei der Bodendenkmalpflege einrichten. Für die Lehre wäre am besten gesorgt, wenn sie nach dem interdisziplinär geprägten schwedischen Modell angelegt und in mindestens je einer nord- und süddeutschen Universität installiert würde. Die DEGUWA würde durch solche Institutionen keineswegs überflüssig, sondern könnte ihre Fördertätigkeit sogar noch erheblich verstärken und gezielter einsetzen.

Bei der augenblicklichen Finanzlage ist freilich mit den vorgeschlagenen Einrichtungen in naher Zukunft nicht zu rechnen. Da die Zeit drängt und schnell gehandelt werden muss, wenn nicht unschätzbare wissenschaftliche Werte - insbesondere an den Ostseeküsten - für immer verloren gehen sollen, wäre es wünschenswert, dass die DEGUWA von öffentlicher wie privater Seite die größtmögliche Unterstützung ihrer Arbeit erführe.

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